Liebe Leserinnen und Leser,
Im heutigen Blog werden wir erneut folgende Frage beleuchten: Ist in der modernen Medizin Platz für Gott? – Wenn die Heilung im Mittelpunkt der Arbeit eines Arztes steht, sollte die Frage gestellt werden, was Heilung
überhaupt bedeutet.
Aus meiner Sicht bedeutet Heilung – Ganzwerden. Ganzwerden umfasst für mich eine Gesundung auf den Ebenen des Körpers, des Geistes und der Seele.
Da wir im Zeitalter des Spezialistentums leben und seit Jahrhunderten so ausgebildet werden, dass die Seele offensichtlich vom Körper getrennt ist, verlieren wir immer mehr die Zusammenhänge der Trinität Körper, Geist und Seele.
Aber wie können Ärzte diese neue, ganzheitliche Sicht der Heilung in ihren Berufsalltag integrieren? Die moderne Medizin misst „Erfolg“ oder „Versagen“ anhand eines einfachen und groben Rasters.
- Ebene: hat der Patient überlebt?
- Ebene: Konnten starke, quälende Beschwerden des Patienten gelindert werden?
- Ebene: Hat sich der Gesundheitszustand des Patienten verbessert?
Dies sind drei Erfolgskriterien, anhand denen Ärzte beurteilen, ob ihre Maßnahmen erfolgreich waren oder nicht.
Die meisten Ärzte kümmern sich nicht um das spirituelle Wohlbefinden ihrer Patienten. Dabei könnte das spirituelle Wohlbefinden auf die drei anderen Erfolgskriterien einen enorm positiven Einfluss ausüben.
Was oft übersehen wird: Welche spirituellen Erfahrungen ein Patient während seiner medizinischen Behandlung macht.
Ich glaube, die moderne Medizin könnte weitaus bessere Therapieerfolge erzielen, wenn sie sich, was die Einbeziehung der Spiritualität angeht, nicht selbst im Weg stehen würde.
Die Erfahrungen, die viele Patienten im Gesundheitswesen machen, ist oftmals nicht die eigentliche medizinische Behandlung, sondern der Mangel an emotionaler und spiritueller Zuwendung während der Behandlung.

Ich gebe hierzu ein paar Beispiele.
Meine Mutter hatte vor über 40 Jahren Krebs. Ich kann mich noch erinnern, als sie einen betreuenden Arzt bekam, der sich Zeit für meine Mutter nahm und mit hohen empathischen Fähigkeiten viele Gespräche mit ihr führte. In
dieser Zeit lebte meine Mutter richtig auf und hatte eine viel bessere Lebensqualität.
Eine weitere Patientin mit Knieschmerzen ging zu ihrem Arzt und hatte aufgrund ihres Zustandes große Sorgen, dass es ohne Operation nicht mehr gehen würde. Dieser Arzt nahm sich Zeit, hörte zu und nahm ihr in diesem Gespräch die
Angst. Alleine das Gespräch bewirkte, dass sie ohne medizinische Intervention die Praxis ohne Knieschmerzen verlassen konnte.
Sie erzählte mir später, wie wichtig für sie dieses Gespräch war. Was aus meiner Sicht immer zur Heilung beträgt, ist eine Perspektive zu erhalten, einen Lösungsweg unterstützt durch das Vertrauen zum Arzt oder Therapeuten.
Stellen Sie sich vor, jeder Arzt würde, bevor er ein Krankenzimmer betritt, einen Moment innehalten und sich fragen: Was tue ich hier? Geht es mir darum, so viele Patienten wie möglich so schnell wie möglich abzufertigen, um maximal
viel Geld zu verdienen?
Oder kann es sein, dass ich hier bin, um meiner Berufung zu dienen, die sowohl die Entfaltung meines wahren Selbst betrifft wie das spirituelle Wohlergehen meines Patienten?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, wenn ein Arzt diese Zeilen liest, dass er mit dem Geschrieben nicht einverstanden ist. Das kann ich auch nachvollziehen. Denn für mich ist der Arzt oder Therapeut nicht die Haupursache des Problems.
Unser System lässt oftmals die Zeit für ein längeres Gespräch oder eine intensive Zuwendung eines Patienten nicht zu. Ich habe selbst viele Ärzte in meiner Praxis in Behandlung. Diese erzählen mir oft über ihren wirtschaftlichen
Druck und die ausgeprägte Bürokratie, die ihnen die Zeit stiehlt. Unser Gesundheitssystem honoriert vor allem die apparativ gestützte Diagnostik und Therapie. Eine, bei der man dem Patienten zuhört und diesen auch anfasst, ist im heutigen Alltag kaum noch mehr existent.
Meine Meinung dazu ist, solange die wirtschaftlichen Interessen von bestimmten Institutionen so dominant sind, bekommt Gott in unserem medizinischen System zu wenig Platz.
Wir versuchen durch immer mehr High-Tech-Medizin oder durch künstliche Intelligenz die Probleme unserer Patienten zu lösen. Dies ist für mich der falsche Lösungsansatz. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen die Zuwendung, das Vertrauen.
Diese Aspekte sind Voraussetzungen für eine Heilung.
Ich glaube nicht, dass durch politische Interventionen sich in unserem Gesundheitssystem „Grundlegendes“ ändern wird. Wir leben in einer Zeit, wo die Evolution, die Verbesserung unseres Lebens nur durch uns „SELBST“ gestalten werden kann.
Sich auf gesellschaftliche Systeme zu verlassen, ist für mich die Abgabe der Selbstverantwortung.
Ich habe vor vielen Jahren reagiert und behandle keine Patienten mehr mit 20-Minuten-Perioden. Ich brauche Zeit für diese Menschen. Ein weiterer Baustein unserer Arbeit ist es, durch regelmäßige Vorträge die Menschen bei ihren Problemen
zu erreichen und ihnen eine Perspektive als Lösung anzubieten.
Ihr Hubert Brüderlein