Liebe Leserinnen und Leser,
der Begriff Polypharmazie oder auch Multimedikation bedeutet allgemein eine gleichzeitige und andauernde Einnahme mehrerer Wirkstoffe.
Die Polypharmazie ist zu einem globalen Gesundheitsproblem geworden. Verschreibt ein Arzt seinem Patienten mehrere Medikamente gleichzeitig, können sich die enthaltenen Wirkstoffe gegenseitig beeinflussen. Man spricht von Wechselwirkungen. Eine große Studie zeigte, dass sich der Medikamentenkonsum aller Menschen bis zum Tod immer weiter steigert. Eine kanadische Studie hat gezeigt, dass Demenzpatienten kurz vor dem Tod noch zahlreiche Arzneimittel einnehmen.
Schwedische Forscher wollten nun wissen, wie es in der Gesamtbevölkerung aussieht? Aus dem schwedischen Sterberegistern der Jahre 2007 bis 2013 nahmen sie alle 511.843 Todesfälle von Personen über 65 Jahren und verknüpften sie mit den Arzneimittelverordnungen in den letzten zwölf Monaten vor dem Tod. Das Durchschnittssterbealter lag bei 84 Jahren.
Jeder Dritte lebte im Heim. Die Analyse zeigte, dass ein Jahr vor dem Tod 30,3 % der Senioren zehn oder mehr Medikamente erhielten. Die Rate stieg bis zum Tod auf 47,2 %. Die häufigsten verordneten Mittel im letzten Lebensjahr bzw. Monat waren Antithrombotika mit 53,8 %, Diuretika mit 53,1%, Analgetika mit 60,3 %, Psycholeptika mit 51,2% und Betablocker mit 41,1 %. Häufig wurden auch ACE-Hemmer und Statine verordnet.
Diese Polypharmazie am Lebensende birgt vor allem zwei Probleme.
Zum einen behindern die Funktionseinschränkungen die Nieren und die Leber am Abbau und an der Ausscheidung der Medikamente. Dadurch kann die Gefahr von Überdosierung die Nebenwirkungen steigern.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob angesichts der begrenzten Lebenserwartung eine so umfangreiche Medikation noch einen Erhalt der Lebensqualität bringen kann. Und das sollte doch eigentlich das Ziel von Medizin sein …
Bleiben Sie gesund und neugierig!
Ihr Hubert Brüderlein