Liebe Leserinnen und Leser,
letzte Woche beschäftigten wir uns mit einer Physiotherapeutin, die unter anderem beim Tennisspielen starke Schwäche in einem Arm, jedoch keine nennenswerten Schmerzen spürte. Eine Kernspinaufnahme sollte Klarheit schaffen.
Der Befund auf der rechten Seite lautete: ausgedehnte Ganglionzysten im Bereich des Muskelsehnenübergangs des Muskels Supra- und Infraspinatus mit Kompression des Nervus Suprascapularis.
Wie wurde die Patientin therapiert?
Die Patientin wurde operiert. Es wurden Zysten entfernt sowie ein Debridement durchgeführt.
Nach der Operation wurde die Schulter für drei Wochen mit einem Gilchrist-Verband versorgt. Danach wurde mit assistiven/aktiven Übungen begonnen. Nach circa zwölf Wochen wurde langsam mit Tennis begonnen. Der langsame Aufbau des Tennisspielens war erfolgreich. Nach circa vier Monaten war die Patientin völlig schmerzfrei und freibeweglich. Die Schwäche war noch vorhanden, ebenfalls die Arthrophie. Im Alltag konnte sie aber wieder ohne Probleme heben.
Fazit: Wenn man Schulterpatienten hat, bei denen die Schwäche beim Armheben im Vordergrund steht, dann muss man immer an zwei Dinge denken:
- Ruptur (Riss) von Sehnen
- Neurologisches Problem (z. B. eine periphere Kompressionsneuropathie)
Ein Fehler im Alltag, den ich immer wieder sehe ist, dass bei solchen Krankheitsbildern (wobei Nerven verletzt wurden) die Vorgabe kommt, Muskulatur intensiv wiederaufzubauen. Wir können nur erfolgreich Muskulatur aufbauen, wenn die Versorgung der Muskulatur (durch Nerven) gewährleistet ist.
Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass es bei solchen Krankheitsbildern ein bis zwei Jahre dauert, bis die Kraft wieder zurück kommt. Warum dauert dies so lange? Weil die Regeneration der Nerven lange Zeit braucht. Forciertes Aufbautraining kann die Einheit Muskel-Nerv schnell überlasten. Deshalb sind gute Erklärungen und ein dosiertes Aufbautraining sehr wichtig.
Ihr Hubert Brüderlein