Sie erinnern sich? In der letzten Ausgabe unseres Blogs haben wir uns damit beschäftigt, wie sehr Schmerz auch von psychosomatischen Faktoren abhängt. Ein wichtiges Element dabei ist der Stress – und den stecken Menschen ganz unterschiedlich weg, selbst wenn sie die selbe Extremsituation erlebt haben.
Von Ende 1979 bis Anfang 1981 wurden in der US-Amerikanischen Botschaft in Teheran über 50 US-Diplomaten 444 Tage lang gegen ihren Willen festgehalten. Die Diplomaten mussten über ein Jahr in dem Gebäude aushalten und wussten nicht, wie diese Geschichte ausgehen wird. In dieser Zeit wurde ein Befreiungsversuch der Amerikaner vereitelt, was der Stimmung der Gefangenen sicher geschadet haben dürfte.
Nach 444 Tagen konnte endlich eine Einigung erzielt werden. Die Diplomaten wurden freigelassen. Die ehemaligen Gefangenen wurden mehrere Jahre beobachtet und von Medizinern untersucht. Man wollte herausfinden, wie haben diese Menschen dieses Ereignis verkraftet?
Ergebnis: Es gab große Unterschiede, einige der Menschen gingen ganz normal ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem Familienleben ohne Beeinträchtigung nach, während andere ehemalige Geiseln psychische Erkrankungen davon trugen und nicht mehr arbeitsfähig waren. Alle Betroffenen waren jedoch der gleichen Situation ausgesetzt.
Dieses Beispiel zeigt, wie unterschiedlich die Menschen auf Stress reagieren. Hat man Angst, weil man eine bestimmte Situation negativ bewertet, zieht das ein Energieverteilungsproblem nach sich. Danach folgt Krankheit.
Hier vielleicht der wichtigste Satz:
Bewegungsangst ist der größte Risikofaktor für chronische Schmerzen.
Durch Bewegungsmangel und Bewegungseinseitigkeit erhöht sich die Spannung in der Muskulatur und in den Faszien. Dadurch wird die Durchblutung und somit der Stoffwechsel in den Zellen eingeschränkt. Dadurch entsteht wie bereits beschrieben ein chronisches Energiedefizit und somit eine Beeinträchtigung des Immunabwehrsystems. Nun sind die Türen für alle möglichen Erkrankungen geöffnet.
Mit diesen Erklärungen möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Gesundheit des Menschen als Ganzes betrachtet werden sollte. Körper, Geist und Seele beeinflussen sich gegenseitig und sind entsprechend in jede Therapie mit einzubeziehen.
Sätze wie z. B. „Da kann man nichts mehr machen.“ „Damit müssen Sie leben.“ „Das ist halt das Alter oder es sind die Gene.“ sind Gift für die Genesung .
Viele Patienten meinen immer noch, je mehr Schmerz, desto größer ist die Schädigung. Das stimmt oftmals nicht. Es gibt z. B. Tumorarten, die sehr lange keine Schmerzen machen oder sehr langsam, jedoch sehr lebensbedrohlich sind und umgekehrt gibt es sehr, sehr schmerzhafte Bandscheibenvorfälle, die jedoch überhaupt nicht lebensbedrohlich sind.
Nach meinen Erfahrungen werden zum Thema Schmerz viel zu viel Verbote, Schonungen oder passive Maßnahmen empfohlen.
Wichtig ist es, dass die Menschen nach Schmerzepisoden eine gute Aufklärung und Lösungsstrategie bekommen, die im günstigsten Fall in einer dauerhaften Prävention liegen.
Eines der wertvollsten Hilfsmittel zur Gesundwerdung und Erhaltung ist es, seine Achtsamkeit zu trainieren. Hierfür gibt es sehr gute Trainingsmöglichkeiten nach der Methode von Prof. Jon Kabat-Zinn.
Warum sollte der Mensch seine Achtsamkeit trainieren?
Weil die Energie immer dorthin fließt, wo die Aufmerksamkeit ist. Ich kenne Patienten, die, solange sie arbeiten (abgelenkt sind), keine Schmerzen wahrnehmen. Kommen sie nach der Arbeit zur Ruhe, treten oftmals in dieser Phase Schmerzen auf. In dieser Zeit ist der Achtsamkeitsfokus meist wieder auf irgendein Problem, eine Sorge oder Ärger gerichtet. Somit ergibt sich ein Energieverteilungsproblem, d. h. der Mensch spürt erneut Schmerzen. Wenn man das einmal versteht, dann dürfte klar werden, dass die Lösung in uns liegt.
Mein Motto: wenn Du nicht nach innen gehst, dann gehst Du leer aus. Im Außen wirst Du nie die große Lösung finden. Tägliche Achtsamkeitsübungen können der Beginn zu einer dauerhaften Gesundheit sein.
Unser Buchempfehlung:
Achtsamkeit für Anfänger
ISBN: 978-3867811002
Jon Kabat-Zinn
Ihr Hubert Brüderlein