Röntgenbilder contra Schmerzempfinden

Widersprüchliche Befunde in der täglichen Praxis

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Ich erlebe es beinahe täglich in meiner Praxis, dass ich mit widersprüchlichen Befunden von Patienten konfrontiert werde, weil der klinische Befund überhaupt nicht zum röntgenologischen oder MRT-Befund passt. Im folgenden einige Beispiele:

Ein Patient kam zu mir wegen chronischer Nackenbeschwerden. Er bekam kein Rezept mehr für Physiotherapie, weil laut röntgenologischem Befund eine massive Abnützung der Halswirbelsäule (Fazettenarthrose) vorhanden war.

Er hörte einen Vortrag von mir, wurde einmal behandelt und danach machte er einmal pro Woche in der Gruppe die Liebscher & Bracht® Bewegungstherapie Übungen mit. Nach dem achten Mal war er nach eigener Aussage für ein ganzes Jahr beschwerdefrei. Die Verschleißerscheinungen sind laut Röntgenbild aber immer noch vorhanden.

Eine 40jährige Patientin hatte vor 20 Jahren einen Schädelbasisbruch. Seither hatte sie sehr oft Kopfschmerzen. Auf eine Empfehlung hin kam sie in unsere Praxis und wurde behandelt. Nach physiotherapeutischen Behandlungen und Training an Geräten wurde sie nach Monaten beschwerdefrei und trainierte weiterhin gezielt an Geräten, um gesund zu bleiben. Jahre später kam sie zu mir und hatte seit ein paar Tagen starke, akute Nackenschmerzen. Zuvor wurde mittels MRT abgeklärt. Der Befund zeigte massive Degeneration in der Halswirkbelsäule, dunkle Bandscheiben (black disc) und eine Steilstellung der Halswirbelsäule. Die Patientin war sehr frustriert, da der Befund so massiv war, und stellte gleichzeitig die ganze Investition von Training und Behandlung in Frage.

Nach dem Befund habe ich sie beruhigt und sechsmal behandelt. Sie ist laut eigener Aussage bis zum heutigen Tag (seither sind über zwei Jahre vergangen) schmerzfrei. Der massive MRT-Befund ist jedoch immer noch vorhanden.

Ein über 70jähriger Patient sollte wegen einer massiven Spinalkanalspinose operiert werden. Der MRT-Befund war eindeutig. Am Tag der Operation wurde er krank, deshalb musste die OP verschoben werden. Um die Zeit zur nächsten OP zu überbrücken, bekam er zehn Anwendungen für eine physiotherapeutische Behandlung.

Nach der neunten Behandlung ging es ihm wesentlich besser. Inzwischen sind über drei Jahre vergangen, der Patient bestätigt auf Nachfrage, dass er nach wie vor beschwerdefrei sei und wieder sehr aktiv am Leben teilnehme. Der massive MRT-Befund ist jedoch immer noch vorhanden.

In diesem Zusammenhang werden mir oft folgende Fragen gestellt:

Warum entdeckt man zufällig bei Routineuntersuchungen Bandscheibenvorfälle und andere Schädigungen der Wirbelsäule, die Patienten sind aber schmerzfrei?

Arthrose verursacht Schmerz, so meinen alle zu wissen. Warum gibt es dann Menschen mit Arthrose, die völlig schmerzfrei sind? Und andere, die weder Arthrose noch andere Schädigungen haben, leiden an schlimmsten Schmerzen?

Wenn Schmerzen schützen, warum wird diese Schutzfunktion dann durch Schmerzmittel unterdrückt?

Wenn Schmerzen durch dauerhaft vorhandene Zustände wie Arthrose, Bandscheibenvorfälle und Verkalkungen ausgelöst werden, wie kann es dann zeitweise sehr wehtun und Tage später für Wochen wieder nicht?

Warum gibt es einerseits immer jüngere Patienten und Bewegungsfaule mit Arthrose? Und andererseits 80jährige und Leistungssportler, die frei von Gelenkverschleiß sind – wenn doch Knorpelverschleiß mit der Kilometerlaufleistung des Gelenks in Verbindung gebracht wird?

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In der herkömmlichen Schmerztherapie gibt es viele Ungereimtheiten und Widersprüche. Lange Zeit wurden diese Erklärungen einfach hingenommen und akzeptiert. Was nicht sein durfte, das war nicht existent und wurde ausgeblendet. Seit ungefähr 15 Jahren findet man mehr und mehr Kommentare von Vertretern der herkömmlichen Schmerztherapie, die sich kritisch mit diesen offensichtlichen falschen Einschätzungen auseinandersetzen. Immer mehr Artikel monieren die ständige Zahl von Operationen.

Nächste Woche werde ich zum Thema „Widersprüche in der Schmerzdiagnose“ noch weitere Beispiele bringen.

Ihr Hubert Brüderlein

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