Liebe Leserinnen und Leser,
erinnern wir uns an Erich: Bei dem 28jährigen Krankenpfleger und seinen chronischen Schulterschmerzen hatten konventionelle Anwendungen bisher nichts gebracht. Also befolgte ich den Rat eines Radiologen, der einen „Aspirintest“ gegen die nächtlichen Schmerzen vorschlug, der genau das erwartete Ergebnis brachte: Die Schmerzen ließen nach. Bei Erich wurde nach dem positiven Aspirin-Experiment ein NMR-Scan (Kernspin) durchgeführt mit dem Ergebnis eines Osteoidosteoms im Bereich der mediodistalen Partie des Caput-Cullum-Übergangs des linken Humerus.
In nicht medizinischen Worten ausgedrückt, hatte Erich einen gutartigen Knochentumor an der Innenseite im Übergang zwischen Oberarmkopf und Oberarmhals.
Bei Erich wurde im 1. Quartal 1991 der Tumor operativ entfernt. Daraufhin verschwanden die typischen Beschwerden unverzüglich. Die Histologie bestätigte die Diagnose eines benignen (gutartigen) osteoiden (knöchernen) Tumors.
Fazit:
Nächtliche Schmerzen, die auf Acetylsalicylsäure (Aspirin) günstig reagieren, wecken den Verdacht auf ein Tumorleiden. In Erichs Fall wurden die Beschwerden irreführend scheinbar traumatisch eingeleitet. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass erst eine Verletzung einen bis dahin latenten Tumor symptomatisch werden lässt. Nun kann ich mir auch erklären, warum sich Erich seit langer Zeit körperlich „matt“ fühlte, so dass er keinen Sport mehr treiben konnte. Tumore fordern sehr das Immunabwehrsystem. Das kostet viel Energie.
Ich habe aus diesem Beispiel gelernt, bei jedem Patientenbefund nach nächtlichen Schmerzen zu fragen. Nächtliche Schmerzen, die stundenlang anhalten und den Schlaf auf Dauer massiv beeinträchtigen, sind mit Vorsicht zu genießen. In solchen Fällen ist eine weitere Abklärung sehr wichtig.
Ihr Hubert Brüderlein